comparis.ch zum elektronischen Patientendossier
Zürich, 1. April 2014 – Diagnosen, Rezepte, Behandlungspläne – alles digital gespeichert und vor dem Zugriff durch Unbefugte geschützt. Die parlamentarischen Beratungen zur Einführung eines
elektronischen Patientendossiers in der Schweiz laufen. In der Bevölkerung stösst das Vorhaben derweil auf positive Resonanz: 59 Prozent sprechen sich dafür aus, und 57 Prozent würden für
sich selbst eine solche digitale Akte mit den persönlichen medizinischen Daten erstellen lassen. Dies ergab eine repräsentative Telefonumfrage des Link-Instituts im Auftrag des
Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch. Dabei wurden im Februar 1204 Personen im Alter zwischen 15 bis 74 Jahren in allen drei Sprachregionen befragt.
Versicherte wollen ihre Daten sehen
81 Prozent der Befragten würden es begrüssen, jederzeit die persönlichen Gesundheitsdaten einsehen zu können, lediglich 13 Prozent
beurteilen diese Möglichkeit als schlecht. Zu den konkreten Vorteilen eines elektronischen Patientendossiers offen befragt, nennen 60 Prozent an erster Stelle den schnellen Zugang zu
Informationen, zum Beispiel im Notfall. Eine Effizienzsteigerung, etwa durch weniger Doppeluntersuchungen, erwarten dagegen nur
18 Prozent. Dass Patienten mehr Kontrolle und Übersicht erhalten, wird nur von 12 Prozent als Vorteil genannt und eine Verbesserung der Qualität der Behandlungen von noch weniger, nämlich 10
Prozent. «Die Versicherten erwarten vom elektronischen Patientendossier also in erster Linie volle Transparenz über ihre von den Gesundheitsfachleuten gesammelten Daten», fasst der
Krankenkassen-Experte von comparis.ch, Felix Schneuwly, die Ergebnisse zusammen.
Ernstzunehmende Bedenken
Auf der Liste der Nachteile nennen 63 Prozent der Befragten spontan einen möglichen Datenmissbrauch. Angst vor Überwachung durch die
Krankenkasse oder den Arbeitgeber haben lediglich 7 Prozent. Den Verlust von Anonymität und Privatsphäre befürchten nur 3 Prozent. «Angesichts der hochsensiblen Daten muss das Gesetz über das
elektronische Patientendossier einen wasserdichten Datenschutz garantieren. Lässt der Gesetzgeber hier Zweifel aufkommen, wird das Vorhaben ein Referendum nicht überleben», mahnt Experte
Schneuwly.
Viele weitere in der politischen Diskussion um das elektronische Patientendossier angeführten Gegenargumente spielen in der Bevölkerung eine sehr geringe bis gar keine Rolle: Nur 1 Prozent
der Schweizer sieht die Gefahr eines Prämienanstiegs. 2 Prozent befürchten, dass Ärzte bei einer eingeholten Zweitmeinung voreingenommen sein könnten. Dass das Patientendossier den
administrativen Aufwand erhöhen könnte, sehen 3 Prozent.
Beim Abwägen der Vor- und Nachteile kommen 57 Prozent zu dem Schluss, dass die Vorteile überwiegen und nur für 25 Prozent dominieren die Nachteile. Dass Vor- und Nachteile sich die Waage
halten, sagen 10 Prozent. 8 Prozent sind unentschlossen.
Eine weitere wichtige Frage: Wer soll ausser dem Patienten Zugriff auf die im Patientendossier elektronisch gespeicherten Daten erhalten? 82 Prozent antworten: der Hausarzt. Nur 21 Prozent
möchten, dass die Patientendaten auch für die Krankenkassen zugänglich sind. Dass niemand ausser den Patienten Leserechte erhalten sollte, antworten 9 Prozent.
Versicherte sehen Bund und Kantone in der Pflicht
Dass alle behandelnden Fachkräfte zur Teilnahme am Dossier verpflichtet werden sollen, seien es Ärzte oder Pfleger,
wollen 63 Prozent der Befragten. Dass diese selbst entscheiden sollten, ob sie mitmachen, fanden lediglich 30 Prozent gut.
Bei der Finanzierung des Dossiers sieht eine Mehrheit von 53 Prozent den Staat, also Bund oder Kantone, in der Pflicht, 16 Prozent die Patienten. Für eine Erhöhung der Krankenkassen-Prämien
zur Finanzierung sprechen sich 10 Prozent aus. Nur 2 Prozent befürworten, die Tarife der Arztpraxen zu erhöhen. «Angesichts der Vorteile in den Bereichen Effizienz, Patientensicherheit und
Qualität, sollte die Finanzierung Sache der Tarifpartner sein, also der Ärzte, Spitäler, Apotheker und Versicherungen – und weder des Bundes oder der Kantone noch der Versicherten», fordert
Schneuwly. Eine staatliche Anschubfinanzierung birgt das Risiko, dass die Subventionen abgeholt werden, ohne dass letztlich auch die Versicherten etwas davon haben.


Quelle: comparis.ch